Deutsche versinkt am brütend heißen Strand
von Villajoyosa in Bergen wärmender Schurwolle
Von den Socken?
Villajoyosa – ae.
„Ist die
eigentlich irre…?“ – wer Barbara Hoffmann nicht persönlich kennt, mag diesen
Gedanken wenigstens gehegt, wenn auch nicht laut ausgesprochen haben. Wo sich
Touristen am Strand von Villajoyosa in der glühenden
Sommersonne, ein Eis in der Hand, schwitzend der Produktion der perfekten
Urlaubs-Bräune hingeben, ragen am selben Ort bei gefühlten 40 Grad im Schatten
diverse Körperteile der langjährigen Wahl-Spanierin unter einem Berg von
Schurwolle in verschiedenen Stadien der Verarbeitung heraus, und die Stricknadeln
mittendrin glühen auch noch. Die CBZ wollte es genau wissen: Ist Barbara von
Sinnen oder nur von den Socken,
und falls
ja, warum…?
Bestrickend:
Die Deutsche Barbara Hoffmann kämpft
sich im brüllenden Hochsommer
durch Berge von Schurwolle
So heiß kann doch kein Strand sein…?!
Villajoyosa – ae. „
So schön kann doch kein Mann sein…“ trällerte eins inbrünstig
unsere Gitte. Wer Barbara Hoffmann zusieht, hegt den innigen Wunsch, den
Gassenhauer mit sofortiger Wirkung in „So heißt kann doch kein Strand sein…“ umzutexten. Da sitzt die Deutsche doch umgeben von
eingeölten Touristen, die sich in minimalistischer Badebekleidung dem Genuss
kühler Getränke hingeben, begraben unter einem Berg von dickster Schurwolle und
… strickt, dass die Nadeln glühen! Das geht nur, wenn frau sich eiskalte
Gedanken macht.
Die CBZ hätte da dann doch mal ein paar Fragen…!
„Barbara, was um alles in der Welt MACHEN Sie da…?“ Die Deutsche hält eine
Sekunde inne, um sich den Schweiß von der Stirn zu tupfen, und schon klappern
die Stricknadeln in einem Irrsinnstempo weiter. „Nunja,
es ist nicht gerade kühl, genau genommen brütend heißer Hochsommer... Also wer
denkt jetzt schon an den kommenden Winter? Lang ist es nicht mehr hin,
dann frieren wir wieder in den feucht-kalten Wohnungen in Spanien – in Alemania sowieso – auch unsere Hunde gehen nur noch
mit klappernden Zähnen raus ... und ein warmes Plätzchen für unsere haarigen
Lieblinge brauchen wir dann auch wieder.“
Was heißt DAS denn? Wir identifizieren das unbekannte Glut-Objekt, das
Barbaras Bauch flächendeckend mit zusätzlichen Hitzeschüben verwöhnt, als
fast fertiggestrickten Hunde-Korb. Und „Bela“, wie ihre Freunde sie liebevoll
nennen, kommt jetzt richtig in Fahrt: „Wenn es erst kalt ist, dann ist es zu
spät, um sich um Bekleidung für Mensch und Tier zu kümmern. Den
Plastikkram im Billigladen, nee, den will doch hoffentlich keiner kaufen!?!“
Auch nach Maß
Vorausdenken, das ist Barbaras Sache... deshalb sitzt sie schon jetzt
in der brütenden Hitze am Strand von La Vila und strickt im Schweiße ihrer Füße
und anderer Körperteile unter anderem Wollsocken für große und kleine Menschen,
Körbchen und Winterpullis für unsere Lieblinge. Auf Wunsch auch nach Maß,
versteht sich: „Außerdem ist das nicht so langweilig wie nur in die Sonne
starren und die Sonnenbrände der Touris zu
bewundern.“ Da sie bei Nachbarn und Bekannten sowieso den Ruf hat, außer liebenswert
und hilfsbereit auch etwas verrückt zu sein („La loca
con los perros“ - die
Verrückte mit den Hunden), wundern sich vor allem Touristen über sie.
Aber was soll sie mit den Folgen ihres Hobbys „Stricken statt Rauchen“
(„Die Finger haben was zu tun, und es ist sehr produktiv“) machen? Die
Familie ist schon seit Urzeiten rigoros-lückenlos bestrickt, auch nahezu alle
Freunde und auch deren Vierbeiner. Die Tierfreundin hat dann beschlossen, die
Ergebnisse ihrer Nadel-Kunst Tieren zu Gute kommen zu lassen. Die Wolle bekommt
sie oft aus Deutschland gespendet: „Sie muss gute Qualität sein, denn die
Teile sollen die Benutzer ja möglichst lange erfreuen.“ Die Idee: Socken,
Hundepullis und Tierkörbchen sollen gegen eine angemessene Spende unter die
Leute gebracht werden.
Schwitz für Benefiz!
Barbara motiviert sich selbst: „Schwitz für Benefiz!“ Diese Spende
verwendet sie dann für ganz konkrete, notwendige Aktionen für leidende Tiere,
wie die Kastration einer Hündin, die ausgesetzt wurde und nun vermittelt werden
kann, eine Futterspende für Menschen, die einen Hund vorübergehend in Pflege
aufnehmen, aber das Futter nur schwer selber finanzieren können, eine
Tierarztrechnung und viele Wohltaten mehr. Sie will keine Pauschalspende an
einen Verein geben, sie möchte entscheiden, was mit dem Erlös ihrer fleißigen
Hände Arbeit passiert.
Blindflug
Also sitzt sie wild strickend am Strand oder im Wohnzimmer, am Balkon oder
vor der „Glotze“. Auch Lesen ist beim Nadeln kein Problem - je spannender der
Krimi, umso schneller fliegen die Nadeln, und jetzt hofft sie auf viele
Bestellungen...
Barbara ist 58 Jahre alt, kam vor 8 Jahren nach Spanien und hat hier schon
wegen ihrer liebenswerten, warmherzigen, stets hilfsbereiten Art schnell viele
Freunde gefunden. Jetzt sind wir neugierig und möchten angesichts der Tatsache,
dass viele ihrer Landsleute nach viel kürzerer Zeit wieder nach Deutschland
zurückkehren, gern noch ein wenig mehr über sie erfahren. Bela hat nämlich
nicht nur Feuer in den Fingern, sondern auch fitte Gehirnzellen.
„Spanien, ja, das ist `ne lange Geschichte, wo
anfangen…?“ seufzt sie. 1972 traf Amors Pfeil ihr Herz ... ein Baske.
Schon vorher politisch interessiert, tauchte sie ein in das Umfeld der
Franco-Gegner. Die Liebe zum Basken zerbrach, die zu Spanien und den Menschen
blieb. Sie lernte Spanisch, war weiter politisch aktiv; das führte sie sie auch
nach Nicaragua und zur Kultur und Geschichte Lateinamerikas . Die Geschichte
der 2. spanischen Republik wollte sie kennenlernen. Viele Irrwege – „Persönlich
und politisch“, schmunzelt sie - veranlassten sie dann vor 8 Jahren, sich
in Spanien nieder zu lassen.
Tierschutz war eigentlich nie „ihr Ding“, als aktive Menschenrechtlerin
fand sie, dass Tierschutz doch nur von den Menschenrechten und sozialen
Ungerechtigkeiten ablenke. Erst langsam begriff sie, nicht zuletzt als
Christin, die Verantwortung des Menschen für die ganze Schöpfung. Als Mitglied
und Abgeordnete der Grünen engagierte sie sich für Naturschutz, aber die
radikalen Tierschützer konnte sie seinerzeit nicht verstehen.
Herz und Hund
Was dann passierte, veränderte alles: Bei einem der vielen politischen
Termine besuchte sie eine Pflegestelle für Hunde aus Spanien. Bela bekennt:
„Ich begriff: Auch das ist Schutz der Schöpfung, diese armen, geschundenen
Kreaturen, die so völlig vom Menschen abhängig sind, haben ein Recht auf
unseren Schutz, unsere Fürsorge. Und mehr noch: wer das Leid der Tiere nicht an
sich heran lässt, der hat sein Herz und seine Seele für die Verantwortung für
die Welt, die wir nur von unseren Kindern geborgt haben, nie geöffnet.“
In der Pflegestelle kam ein winziges Hundchen auf ihren Schoß gehüpft… Rosa
aus Teneriffa. Sie fuhr wieder nach Hause und nach 2 Tagen des Nachdenkens
wieder zurück... Rosa wurde ihr erster Hund. Ihr Neffe meinte, „Dieser Albinohund mit rosa Nase sieht aus wie ein kleines
Wollschweinchen… so bekam sie den Namen: Rosa von Wutz, denn ein echter
deutscher Hund heißt ja immer „von“. Mehr als 10 Jahre begleitete Rosa die
Grüne Barbara überall hin, auf Parteitage und Pressekonferenzen...
In Spanien selbst erlebte sie das Hundeelend von ganz nah. Ein ausgesetzter
Podenco aus der Nachbarschaft musste gerettet werden.
Mit vereinter Kraft von Tierschützern in Spanien und Deutschland bekam Yuki
eine zweite Chance. Seitdem rettet sie immer wieder einzelne Tiere, mehr als 50
Hunde aus dem Tierheim Benidorm haben ihr neues Leben
der Vermittlung von Bela zu verdanken. Aber Mitglied in einem Verein und nur
für den aktiv sein, das will sie aber nicht. Vielleicht ist sie nach vielen
Jahren in organisierten Gruppen zurückhaltend geworden. Sie sucht sich gezielt
Aktionen aus.
Da war diese eine Hündin, die mit ihren Welpen im Elend am Parkplatz bei
einem Obdachlosen lebte. Alle Welpen wurden dank Bela vermittelt, die Hundemama
in einer Pflegestelle untergebracht und die Kosten mit Hilfe ihrer
Internetfreundinnen www.gassiegeher.de finanziert, die, die schon Yuki
gerettet hatten. So geht Bela ihren Weg in Spanien weiter – aufmerksam, nächstenliebend und stets hilfsbereit. Es gibt nichts
Gutes, außer, man tut es – auf Barbara trifft das zu, egal, wie sehr die gute
Seele auch strickend am Strande dafür schwitzt…
Wenn Sie es trotz des Thermometer-Höhenfluges schaffen sollten, auch schon
an den nächsten Winter zu denken…