Deutsche versinkt am brütend heißen Strand

von Villajoyosa in Bergen wärmender Schurwolle

Von den Socken?

Villajoyosa – ae.

„Ist die eigentlich irre…?“ – wer Barbara Hoffmann nicht persönlich kennt, mag diesen Gedanken wenigstens gehegt, wenn auch nicht laut ausgesprochen haben. Wo sich Touristen am Strand von Villajoyosa in der glühenden Sommersonne, ein Eis in der Hand, schwitzend der Produktion der perfekten Urlaubs-Bräune hingeben, ragen am selben Ort bei gefühlten 40 Grad im Schatten diverse Körperteile der langjährigen Wahl-Spanierin unter einem Berg von Schurwolle in verschiedenen Stadien der Verarbeitung heraus, und die Stricknadeln mittendrin glühen auch noch. Die CBZ wollte es genau wissen: Ist Barbara von Sinnen oder nur von den Socken,

und falls ja, warum…?

http://storage.yooco-static.de/storage/s5/a/b/7/2885483/image/Bela_022.jpg

 

Bestrickend:

 Die Deutsche Barbara Hoffmann kämpft sich im brüllenden Hochsommer

durch Berge von Schurwolle

So heiß kann doch kein Strand sein…?!

 

Villajoyosa – ae. „

So schön kann doch kein Mann sein…“ trällerte eins inbrünstig unsere Gitte. Wer Barbara Hoffmann zusieht, hegt den innigen Wunsch, den Gassenhauer mit sofortiger Wirkung in „So heißt kann doch kein Strand sein…“ umzutexten. Da sitzt die Deutsche doch umgeben von eingeölten Touristen, die sich in minimalistischer Badebekleidung dem Genuss kühler Getränke hingeben, begraben unter einem Berg von dickster Schurwolle und … strickt, dass die Nadeln glühen! Das geht nur, wenn frau sich eiskalte Gedanken macht.

 Die CBZ hätte da dann doch mal ein paar Fragen…!

„Barbara, was um alles in der Welt MACHEN Sie da…?“ Die Deutsche hält eine Sekunde inne, um sich den Schweiß von der Stirn zu tupfen, und schon klappern die Stricknadeln in einem Irrsinnstempo weiter. „Nunja, es ist nicht gerade kühl, genau genommen brütend heißer Hochsommer... Also wer denkt jetzt schon an den kommenden Winter?  Lang ist es nicht mehr hin, dann frieren wir wieder in den feucht-kalten Wohnungen in Spanien – in Alemania sowieso –  auch unsere Hunde gehen nur noch mit klappernden Zähnen raus ... und ein warmes Plätzchen für unsere haarigen Lieblinge brauchen wir dann auch wieder.“   

Was heißt DAS denn? Wir identifizieren das unbekannte Glut-Objekt, das Barbaras Bauch flächendeckend mit zusätzlichen  Hitzeschüben verwöhnt, als fast fertiggestrickten Hunde-Korb. Und „Bela“, wie ihre Freunde sie liebevoll nennen, kommt jetzt richtig in Fahrt: „Wenn es erst kalt ist, dann ist es zu spät, um sich um Bekleidung für Mensch und Tier zu kümmern.  Den Plastikkram im Billigladen, nee, den will doch hoffentlich keiner kaufen!?!“

http://storage.yooco-static.de/storage/s5/a/b/7/2885483/image/Bela_034.jpg

 

Auch nach Maß

Vorausdenken, das ist Barbaras  Sache... deshalb sitzt sie schon jetzt in der brütenden Hitze am Strand von La Vila und strickt im Schweiße ihrer Füße und anderer Körperteile unter anderem Wollsocken für große und kleine Menschen, Körbchen und Winterpullis für unsere Lieblinge. Auf Wunsch auch nach Maß, versteht sich: „Außerdem ist das nicht so langweilig wie nur in die Sonne starren und die Sonnenbrände der Touris zu bewundern.“ Da sie bei Nachbarn und Bekannten sowieso den Ruf hat, außer liebenswert und hilfsbereit auch etwas verrückt zu sein („La loca con los perros“ - die Verrückte mit den Hunden), wundern sich vor allem Touristen über sie.

Aber was soll sie mit den Folgen ihres Hobbys „Stricken statt Rauchen“ („Die Finger haben was zu tun, und es ist sehr produktiv“) machen?  Die Familie ist schon seit Urzeiten rigoros-lückenlos bestrickt, auch nahezu alle Freunde und auch deren Vierbeiner. Die Tierfreundin hat dann beschlossen, die Ergebnisse ihrer Nadel-Kunst Tieren zu Gute kommen zu lassen. Die Wolle bekommt sie oft aus Deutschland  gespendet: „Sie muss gute Qualität sein, denn die Teile sollen die Benutzer ja möglichst lange erfreuen.“ Die Idee: Socken, Hundepullis und Tierkörbchen sollen gegen eine angemessene Spende unter die Leute gebracht werden.

Schwitz für Benefiz!

 Barbara motiviert sich selbst: „Schwitz für Benefiz!“ Diese Spende verwendet sie dann für ganz konkrete, notwendige Aktionen für leidende Tiere, wie die Kastration einer Hündin, die ausgesetzt wurde und nun vermittelt werden kann, eine Futterspende für Menschen, die einen Hund vorübergehend in Pflege aufnehmen, aber das Futter nur schwer selber finanzieren können, eine Tierarztrechnung und viele Wohltaten mehr. Sie will keine Pauschalspende an einen Verein geben, sie möchte entscheiden, was mit dem Erlös ihrer fleißigen Hände Arbeit passiert.

Blindflug

Also sitzt sie wild strickend am Strand oder im Wohnzimmer, am Balkon oder vor der „Glotze“. Auch Lesen ist beim Nadeln kein Problem - je spannender der Krimi, umso schneller fliegen die Nadeln, und jetzt hofft sie auf viele Bestellungen...

Barbara ist 58 Jahre alt, kam vor 8 Jahren nach Spanien und hat hier schon wegen ihrer liebenswerten, warmherzigen, stets hilfsbereiten Art schnell viele Freunde gefunden. Jetzt sind wir neugierig und möchten angesichts der Tatsache, dass viele ihrer Landsleute nach viel kürzerer Zeit wieder nach Deutschland zurückkehren, gern noch ein wenig mehr über sie erfahren. Bela hat nämlich nicht nur Feuer in den Fingern, sondern auch fitte Gehirnzellen.

„Spanien, ja, das ist `ne lange Geschichte, wo anfangen…?“ seufzt sie. 1972 traf Amors Pfeil ihr Herz ... ein Baske.  Schon vorher politisch interessiert, tauchte sie ein in das Umfeld der Franco-Gegner. Die Liebe zum Basken zerbrach, die zu Spanien und den Menschen blieb. Sie lernte Spanisch, war weiter politisch aktiv; das führte sie sie auch nach Nicaragua und zur Kultur und Geschichte Lateinamerikas . Die Geschichte der 2. spanischen Republik wollte sie kennenlernen. Viele Irrwege – „Persönlich und politisch“, schmunzelt sie -  veranlassten sie dann vor 8 Jahren, sich in Spanien nieder zu lassen.

Tierschutz war eigentlich nie „ihr Ding“, als aktive Menschenrechtlerin fand sie, dass Tierschutz doch nur von den Menschenrechten und sozialen Ungerechtigkeiten ablenke. Erst langsam begriff sie, nicht zuletzt als Christin, die Verantwortung des Menschen für die ganze Schöpfung. Als Mitglied und Abgeordnete der Grünen engagierte sie sich für Naturschutz, aber die radikalen Tierschützer konnte sie seinerzeit nicht verstehen.

http://storage.yooco-static.de/storage/s5/a/b/7/2885483/image/Belanikon_076.jpg

 

Herz und Hund

Was dann passierte, veränderte alles: Bei einem der vielen politischen Termine besuchte sie eine Pflegestelle für Hunde aus Spanien. Bela bekennt: „Ich begriff: Auch das ist Schutz der Schöpfung, diese armen, geschundenen Kreaturen, die so völlig vom Menschen abhängig sind, haben ein Recht auf unseren Schutz, unsere Fürsorge. Und mehr noch: wer das Leid der Tiere nicht an sich heran lässt, der hat sein Herz und seine Seele für die Verantwortung für die Welt, die wir nur von unseren Kindern geborgt haben, nie geöffnet.“

In der Pflegestelle kam ein winziges Hundchen auf ihren Schoß gehüpft… Rosa aus Teneriffa. Sie fuhr wieder nach Hause und nach 2 Tagen des Nachdenkens wieder zurück... Rosa wurde ihr erster Hund. Ihr Neffe meinte, „Dieser Albinohund mit rosa Nase sieht aus wie ein kleines Wollschweinchen… so bekam sie den Namen: Rosa von Wutz, denn ein echter deutscher Hund heißt ja immer „von“. Mehr als 10 Jahre begleitete Rosa die Grüne Barbara überall hin, auf Parteitage und Pressekonferenzen...

In Spanien selbst erlebte sie das Hundeelend von ganz nah. Ein ausgesetzter Podenco aus der Nachbarschaft musste gerettet werden. Mit vereinter Kraft von Tierschützern in Spanien und Deutschland bekam Yuki eine zweite Chance. Seitdem rettet sie immer wieder einzelne Tiere, mehr als 50 Hunde aus dem Tierheim Benidorm haben ihr neues Leben der Vermittlung von Bela zu verdanken. Aber Mitglied in einem Verein und nur für den aktiv sein, das will sie aber nicht. Vielleicht ist sie nach vielen Jahren in organisierten Gruppen zurückhaltend geworden. Sie sucht sich gezielt Aktionen aus.

http://storage.yooco-static.de/storage/s5/a/b/7/2885483/image/Belanikon_104.jpg

Da war diese eine Hündin, die mit ihren Welpen im Elend am Parkplatz bei einem Obdachlosen lebte. Alle Welpen wurden dank Bela vermittelt, die Hundemama in einer Pflegestelle untergebracht und die Kosten mit Hilfe ihrer Internetfreundinnen www.gassiegeher.de  finanziert, die, die schon Yuki gerettet hatten. So geht Bela ihren Weg in Spanien weiter – aufmerksam, nächstenliebend und stets hilfsbereit. Es gibt nichts Gutes, außer, man tut es – auf Barbara trifft das zu, egal, wie sehr die gute Seele auch strickend am Strande dafür schwitzt…

Wenn Sie es trotz des Thermometer-Höhenfluges schaffen sollten, auch schon an den nächsten Winter zu denken…